Der 15. Juni 2025 markiert einen Wendepunkt in der deutschen Erinnerungskultur: Erstmals wird in Deutschland ein nationaler Veteranen Tag begangen. Dieser Tag ist mehr als nur ein Datum im Kalender; er ist ein symbolisches Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung für all jene Frauen und Männer, die im Dienst der Bundeswehr für Deutschland eingetreten sind. Lange Zeit hat die öffentliche Würdigung von Soldaten und Veteranen in Deutschland einen schwierigen Stand gehabt. Doch nun rückt ihr Dienst und die damit verbundenen Opfer und Herausforderungen stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft.
Was ist der Veteranen Tag 15. Juni?
Ab dem Jahr 2025 wird der 15. Juni jährlich als nationaler Veteranen Tag in Deutschland gefeiert. Dies ist eine offizielle Anerkennung durch die Bundesregierung und das Verteidigungsministerium. Ziel ist es, allen Veteranen der Bundeswehr – ob Zeitsoldaten, Berufssoldaten oder Reservisten, ob im Einsatz gewesen oder nicht – einen festen Tag der Würdigung zu widmen.
Der Tag dient dazu, den Einsatz, die Opfer und die Leistungen dieser Frauen und Männer hervorzuheben, die bereit waren und sind, für die Sicherheit und Freiheit Deutschlands einzustehen. Es ist ein Tag, um den Soldatinnen und Soldaten für ihren Dienst und ihre oft schwierigen Auslandseinsätze zu danken und die Belastungen anzuerkennen, denen sie ausgesetzt waren und teilweise immer noch sind.
Warum braucht Deutschland einen Veteranen Tag?
Die Notwendigkeit eines Veteranen Tages in Deutschland ist tief in der Geschichte und dem Selbstverständnis der Bundeswehr sowie der Gesellschaft verankert. Anders als in vielen anderen Nationen, wo die Würdigung von Veteranen seit Langem eine Selbstverständlichkeit ist, tat sich Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg schwer, seinen militärischen Kräften eine unzweideutige Anerkennung entgegenzubringen. Dies hing maßgeblich mit der deutschen Geschichte und der Ablehnung jeglicher Glorifizierung des Militärs zusammen.
Doch die Realität des modernen Dienstes hat sich verändert. Die Bundeswehr ist seit 1990 eine Armee im Einsatz. Tausende von Soldaten waren und sind in gefährlichen Auslandseinsätzen gebunden – von Afghanistan über Mali bis hin zu den baltischen Staaten. Diese Einsätze fordern einen hohen Tribut: physische und psychische Verletzungen, oft mit Langzeitfolgen. Studien wie die des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) belegen, dass Soldaten in Auslandseinsätzen mit extremen Belastungen konfrontiert sind.
Die öffentliche Wahrnehmung der Bundeswehr ist seit 2000 zwar weitgehend positiv (im Jahr 2024 äußerten 82% der Befragten eine positive Einstellung), doch diese positive Einstellung übersetzt sich nicht immer in eine tiefere Wertschätzung für den individuellen Dienst der Soldaten. Wie aus den Befragungen des ZMSBw hervorgeht, stimmen zwar 84% der Bevölkerung zu, dass „Die Bundeswehr ein ganz normaler Bestandteil der Gesellschaft ist“, doch die konkrete Würdigung und das Verständnis für die spezifischen Herausforderungen des soldatischen Lebens fehlten oft. Ein Veteranen Tag schafft hier eine dringend benötigte öffentliche Plattform. Er signalisiert: Wir sehen euch, wir erkennen euren Dienst an, und wir stehen zu euch.
Was wird am Veteranen Tag gefeiert und erinnert?
Der Veteranen Tag ist ein Tag des Gedenkens und der Wertschätzung. Er ist eine Gelegenheit, den vielschichtigen Aspekten des soldatischen Lebens und des Dienstes für Deutschland Rechnung zu tragen:
- Feier des Dienstes und Engagements: Im Mittelpunkt steht die Würdigung des persönlichen Engagements der Soldaten. Es wird der Mut gefeiert, sich für Deutschland einzusetzen, die Bereitschaft zur Verteidigung freiheitlicher Werte und die Treue zur Verfassung. Der Slogan „Wir. Dienen. Deutschland.“ mag im Jahr 2012 gemischte Reaktionen hervorgerufen haben, aber seine Kernbotschaft der Pflichterfüllung steht an diesem Tag im Vordergrund. 76% der Befragten bewerteten das Motto im Jahr 2012 als „sehr gut / eher gut“, was die grundsätzliche Akzeptanz des Dienst-Gedankens unterstreicht.
- Erinnerung an Opfer und Belastungen: Der Tag erinnert auch an jene Soldaten, die im Dienst ihr Leben ließen oder körperliche und seelische Verletzungen davontrugen. Insbesondere psychische Belastungen nach Auslandseinsätzen, wie sie von Jörn Ungerer und Peter Zimmermann in ihren Publikationen thematisiert wurden, benötigen weiterhin Aufmerksamkeit und Unterstützung. Ein Großteil der Soldaten (83%) fühlt sich der Bundeswehr eng verbunden und steht hinter ihrem Auftrag (80%), doch die Folgen des Einsatzes können lange nachwirken.
- Anerkennung der Rolle in der Gesellschaft: Der Veteranen Tag soll die Bundeswehr und ihre Veteranen fest in der Gesellschaft verankern. Es geht darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Bereitschaft zur Androhung und Anwendung von Gewalt ein Wesensmerkmal von Streitkräften ist und diese Gewalt in einem rechtsstaatlichen Rahmen erfolgt. Dies erfordert ein tiefes Verständnis und Politische Bildung der Zivilbevölkerung.
Der lange Weg: Warum erst 2024?
Die Einführung eines nationalen Veteranen Tages in Deutschland im Jahr 2025 mag spät erscheinen, insbesondere im Vergleich zu Ländern wie den USA oder Großbritannien, die eine lange Tradition der Würdigung ihrer Kriegsveteranen pflegen. Dies hat mehrere historische und soziokulturelle Gründe:
- Historisches Erbe und Militärablehnung: Nach den Schrecken zweier Weltkriege, insbesondere der Verbrechen des Nationalsozialismus und der Rolle der Wehrmacht, entwickelte Deutschland ein tiefes Misstrauen gegenüber allem Militärischen. Eine bewusste Abkehr von militaristischen Traditionen führte dazu, dass der Dienst in Uniform im zivilen Leben oft unterrepräsentiert oder gar tabuisiert wurde. Der Begriff „Veteran“ selbst war lange Zeit negativ konnotiert oder schlichtweg nicht Teil der deutschen Erinnerungskultur.
- „Bürger in Uniform“ und Verteidigungsauftrag: Die Bundeswehr wurde nach dem Konzept des „Bürgers in Uniform“ aufgebaut, um eine klare Trennung von alten preußischen Militärtraditionen zu schaffen. Ihr primärer Auftrag war zunächst die Verteidigung des eigenen Territoriums im Rahmen der NATO. Erst mit der Zunahme der Auslandseinsätze nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Bundeswehr zu einer „Armee im Einsatz“, was neue Herausforderungen für die Gesellschaft und die Soldaten mit sich brachte.
- Mangelndes Verständnis für Einsatzrealität: Trotz einer generell positiven Einstellung zur Bundeswehr in der Bevölkerung fehlte oft ein tiefgreifendes Verständnis für die Realitäten und Belastungen der Auslandseinsätze. Der Slogan „Wir. Dienen. Deutschland.“ stieß 2012 bei Kritikern auf Ablehnung, weil er nicht zur Realität der Auslandseinsätze passe („Afghanistan ist nicht Deutschland“). Diese Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Bundeswehr als Verteidigerin Deutschlands und ihrer Rolle in internationalen Krisengebieten erschwerte die Entwicklung einer breiten Veteranen-Kultur.
- Kontroverse um den Veteranenbegriff: Selbst unter ehemaligen Soldaten gab es bis zuletzt Kontroversen um den Begriff „Veteran“. Einige lehnen ihn persönlich ab, da sie ihn nicht als „Ehrentitel“ in der deutschen Kultur betrachten und ihn möglicherweise mit historischen Konnotationen verbinden wollen. Ein Soldat a.D. äußerte: „Ich bin Soldat a.D., aber sicher kein Veteran. Hoffentlich besinnt sich Irgendjemand aus dem Umfeld des Ministers, diesen Unsinn zu begraben.“ (Diskussionspapier: Veteranenabzeichen und Veteranenheime – Augen geradeaus!). Diese internen Debatten haben die Etablierung eines offiziellen Veteranen Tages sicherlich verzögert.
- Zunehmende Erkenntnis und politischer Wille: Erst in den letzten Jahren, mit der wachsenden Zahl von Einsatzveteranen und einem gesteigerten Bewusstsein für die psychischen und physischen Folgen des Dienstes, reifte die Erkenntnis, dass eine formelle Würdigung unerlässlich ist. Der politische Wille, einen Veteranen Tag zu schaffen, entstand aus dieser Einsicht und der Notwendigkeit, den Soldaten und ihren Familien eine klare Botschaft der Anerkennung zu senden.
Was wollen deutsche Bundeswehr Veteranen?
Der Wunsch deutscher Bundeswehr Veteranen geht weit über eine rein symbolische Würdigung hinaus. Während der Veteranen Tag ein wichtiger Schritt ist, fordern viele konkrete Maßnahmen und eine tiefere Integration in die Gesellschaft.
- Umfassende Fürsorge und Betreuung: Ein zentrales Anliegen ist die Sicherstellung einer lückenlosen und bedarfsgerechten medizinischen und psychologischen Versorgung, insbesondere für Soldaten, die unter Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) oder anderen Einsatzschäden leiden. Die Bundeswehr bietet bereits eine Reihe von Diensten an, darunter Truppenärzte, Psychologen und das Veteranenbüro. Doch der Zugang und die Qualität dieser Angebote müssen kontinuierlich verbessert werden.
- Nachhaltige Wiedereingliederung ins Zivilleben: Viele Veteranen wünschen sich Unterstützung bei der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung nach dem Dienst. Dies umfasst Berufsberatung, Weiterbildung und Hilfe bei der Jobsuche. Ein reibungsloser Übergang vom militärischen in das zivile Leben ist entscheidend für ihre Lebensqualität und das Gefühl, weiterhin ein vollwertiger Teil der Gesellschaft zu sein.
- Anerkennung und Respekt im Alltag: Abseits offizieller Gedenktage wünschen sich Veteranen vor allem Respekt und Verständnis im alltäglichen Umgang. Es geht darum, ihren Dienst für Deutschland nicht als etwas Außergewöhnliches, sondern als einen integralen und wichtigen Beitrag zur Gesellschaft zu sehen. Die Studien zeigen, dass Veteranen im Vergleich zu aktiven Soldaten eine geringere Verbundenheit mit der Bundeswehr und weniger Stolz auf ihre Zugehörigkeit zeigen können. Eine echte Integration bedeutet, diese Lücke zu schließen.
- Eine klare Definition des Veteranenbegriffs: Die aktuelle Definition der Bundeswehr, die jede Person, die Zeitsoldat, Berufssoldat oder Reservist war oder ist, als Veteranen betrachtet, ist umfassend. Doch die Debatte, ob der Dienst im Auslandseinsatz oder die Beteiligung an Kampfeinsätzen eine Voraussetzung sein sollte, bleibt bestehen. Für viele Veteranen ist eine eindeutige und von der Gesellschaft anerkannte Definition wichtig, um ihren Status und ihre Erfahrungen klar zu identifizieren.
- Kontinuierlicher Dialog und Politische Bildung: Veteranen wünschen sich, dass die Erfahrungen von Soldaten und die Bedeutung der Bundeswehr in der Gesellschaft kontinuierlich thematisiert werden, nicht nur einmal im Jahr. Dies erfordert eine verstärkte Politische Bildung und einen offenen Dialog über die Rolle der Streitkräfte in einer modernen Demokratie.
Die Bundeswehr in der Gesellschaft: Ein Spiegelbild des Wandels
Die Bundeswehr und ihre Soldaten sind ein integraler Bestandteil der deutschen Gesellschaft, auch wenn ihr Bild und ihre Rolle einem stetigen Wandel unterliegen. Die öffentlichen Befragungen des ZMSBw bieten wertvolle Einblicke in diese Dynamik:
- Hohes Ansehen, aber auch Unverständnis: Während die persönliche Einstellung zur Bundeswehr überwiegend positiv ist (82% im Jahr 2024), gab es 2012 noch einen Anteil von 12% der Befragten, die Unverständnis, Kritik und Ablehnung äußerten, teilweise mit harschen Kommentaren wie „Gammelhaufen“. Dies zeigt, dass neben der Würdigung auch weiterhin Aufklärungsarbeit nötig ist.
- Attraktivität als Arbeitgeber: Die wahrgenommene Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber für junge Menschen hat von 2015 bis 2023 kontinuierlich abgenommen (von 62% auf 56%). Dies ist eine Herausforderung für die Rekrutierung und unterstreicht die Notwendigkeit, das Bild der Bundeswehr als moderne und attraktive Institution zu stärken. Dennoch können sich 26% der unter 50-Jährigen vorstellen, zivil bei der Bundeswehr zu arbeiten, und 15% als Soldaten.
- Bereitschaft zur Landesverteidigung: Angesichts aktueller geopolitischer Spannungen zeigt sich eine wachsende Bereitschaft zur Landesverteidigung. Im Jahr 2024 wären 42% der Befragten bereit, Deutschland im Falle eines militärischen Angriffs mit der Waffe zu verteidigen, wobei Männer (unter 50 Jahren: 61%) hier eine deutlich höhere Bereitschaft zeigen als Frauen (unter 50 Jahren: 21%). Eine Mehrheit befürwortet zudem eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben (57%) und des Personalumfangs der Bundeswehr (58%). Diese Zahlen spiegeln ein gestiegenes Bewusstsein für die Bedeutung der Streitkräfte wider.
- Mediale Wahrnehmung: Das Fernsehen ist das dominierende Medium, über das die Bundeswehr wahrgenommen wird (69%), gefolgt von Printmedien (48%), Internet (34%) und Radio (28%). Dies zeigt die Relevanz der Medien für die öffentliche Meinungsbildung und die Notwendigkeit einer proaktiven Kommunikationsstrategie.
Fazit: Ein Tag für die Zukunft des Dienstes
Der neue Veteranen Tag am 15. Juni ist ein Meilenstein in der deutschen Erinnerungskultur. Er bietet eine dringend benötigte Plattform, um den Dienst der Soldaten der Bundeswehr und die Leistungen unserer Veteranen öffentlich zu würdigen. Es ist ein klares Signal, dass Deutschland zu seinen Soldaten steht – denjenigen, die unseren Schutz gewährleisten, im Auslandseinsatz waren und die oft unsichtbare Opfer gebracht haben.
Der Tag ist eine Chance, die Bedeutung des militärischen Dienstes stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken und einen kontinuierlichen Dialog über die Rolle der Bundeswehr und die Bedürfnisse ihrer Veteranen zu fördern. Es geht nicht nur um symbolische Gesten, sondern um eine tiefe Anerkennung, die sich in umfassender Fürsorge, Respekt im Alltag und einer gelebten Politischen Bildung manifestiert. Mit dem Veteranen Tag bekennt sich Deutschland zu seinen Soldaten und dem Wert ihres Dienstes – gestern, heute und in Zukunft.