Quelle: www.bundesnetzagentur.de
Die Digitalisierung Deutschlands schreitet unaufhaltsam voran, und ein leistungsstarkes Telekommunikationsnetz ist das Rückgrat dieser Entwicklung. Der Übergang von traditionellen Kupferkabeln zu modernen Glasfasernetzen – die sogenannte Kupfer-Glas-Migration – ist dabei ein zentraler Baustein. Die Bundesnetzagentur hat hierzu ein umfassendes Impulspapier veröffentlicht, das die regulatorischen Rahmenbedingungen und Herausforderungen dieses Transformationsprozesses beleuchtet. Dieser Beitrag fasst die Kernpunkte zusammen und ordnet sie ein.
Aktueller Stand: Glasfaserausbau und die zögerliche Nachfrage
Obwohl der Glasfaserausbau in Deutschland an Dynamik gewinnt, ist die flächendeckende Versorgung noch nicht Realität. Ende 2024 waren etwa 47 Prozent der Haushalte und Unternehmensstandorte mit Glasfaseranschlüssen (FttH/B) versorgt oder zumindest unmittelbar erreichbar („Homes passed“). Dies bedeutet, dass für rund die Hälfte der Bevölkerung die Glasfaserinfrastruktur zumindest bis zur Grundstücksgrenze reicht. Allerdings sind erst bei circa 19 Prozent der Haushalte die Gebäudeanschlüsse vollständig ausgebaut und können direkt aktiviert werden („Homes connected“).
Diese Diskrepanz zwischen „Homes passed“ und „Homes connected“ deutet auf eine aktuell noch verhaltene Nachfrage nach Glasfaserprodukten hin. Viele Verbraucher sind mit ihren bestehenden DSL-Anschlüssen, die oft Geschwindigkeiten von 100 bis 250 Mbit/s bieten, noch zufrieden. Zudem verfügen etwa zwei Drittel der Haushalte über Zugang zu leistungsfähigen HFC-Anschlüssen (Hybrid Fiber Coax). Auch im Geschäftskundenbereich werden die Anforderungen an Verbindungen oft noch durch kupferbasierte Produkte ausreichend erfüllt. Die Bundesnetzagentur geht daher davon aus, dass der vollständige Wechsel sukzessive über einen längeren Zeitraum stattfinden wird, zunächst freiwillig und später potenziell auch durch eine forcierte Migration.
Der rechtliche Rahmen: § 34 TKG im Fokus
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Abschaltung der Kupfernetze und den Übergang zu Glasfaser sind komplex. Eine zentrale Rolle spielt hier § 34 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Diese Norm richtet sich an Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, im Kontext der Kupfer-Glas-Migration primär an die Telekom Deutschland GmbH, und regelt die Voraussetzungen für die Außerbetriebnahme oder Ersetzung von Netzinfrastrukturen.
Das Verfahren nach § 34 TKG wird durch eine Anzeige des zugangsverpflichteten Unternehmens bei der Bundesnetzagentur eingeleitet. Diese Anzeige muss unter anderem einen Zeitplan für den Prozess, die Migrationsbedingungen inklusive alternativer Zugangsprodukte und gegebenenfalls einen Antrag auf Änderung des Standardangebots enthalten. Die Bundesnetzagentur prüft diese Anzeige und legt transparente und angemessene Bedingungen fest, wobei auch eine angemessene Kündigungsfrist für Zugangsvereinbarungen zu berücksichtigen ist.
Das Impulspapier skizziert drei wesentliche Phasen der Migration:
- Freiwillige Migration: Netzbetreiber vermarkten Glasfaserprodukte und werben für deren Vorteile.
- Festlegung der Kündigungs- und Migrationsbedingungen (§ 34 TKG): Das formelle Verfahren beginnt mit der Anzeige des Netzbetreibers. Die Bundesnetzagentur prüft den Migrationsplan und legt die Bedingungen fest.
- Tatsächliche Umsetzung der Abschaltung: Das Kupfernetz wird abgeschaltet, und die Migration wird abgeschlossen, wobei sichergestellt werden muss, dass Kunden ordnungsgemäß auf die neue Infrastruktur umgestellt werden.
Zentrale Aspekte der regulierten Migration
Das Impulspapier der Bundesnetzagentur geht detailliert auf verschiedene Aspekte ein, die im Rahmen der forcierten Migration relevant werden:
- Alternative Zugangsprodukte: Es muss sichergestellt werden, dass alternative Zugangsprodukte zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen verfügbar sind. Qualität, Geschwindigkeit und Reichweite müssen mindestens vergleichbar mit den bisherigen Kupferprodukten sein.
- Zeitplan: Der Zeitplan für die Migration muss realistisch sein und einen geordneten Übergang ermöglichen, der auch wettbewerbliche Auswirkungen berücksichtigt.
- Verteilung der Migrationskosten: Das TKG trifft keine explizite Aussage zur Kostenverteilung. Die Bundesnetzagentur muss im Rahmen der Festlegung transparenter und angemessener Bedingungen auch entscheiden, wer welche Kosten trägt. Dabei könnten Prinzipien wie das Verursacherprinzip, Kompensationsprinzip für gestrandete Investitionen und das Vorteilsprinzip eine Rolle spielen.
- Verfahrensabläufe: Um den Prozess effizient zu gestalten, schlägt die Bundesnetzagentur vor, bestimmte Verfahrensschritte zu entkoppeln und vorzuziehen, beispielsweise durch frühzeitige Anträge auf Änderung der Standardangebote, unabhängig von konkreten Migrationsgebieten.
Herausforderungen und Ausblick
Die Kupfer-Glas-Migration ist ein komplexes Unterfangen mit erheblichen Kosten und Herausforderungen für alle Beteiligten – Netzbetreiber, alternative Anbieter und Endkunden. Hohe Ausbaukosten in Deutschland, bedingt durch notwendige Tiefbauarbeiten und strenge Verlegungsvorgaben, erschweren den Prozess zusätzlich. Auch die geringe Akzeptanz für kostengünstigere Verlegemethoden und gestiegene Zins- und Materialkosten spielen eine Rolle.
Das Impulspapier der Bundesnetzagentur zielt darauf ab, Transparenz zu schaffen und eine frühzeitige Diskussion unter den Stakeholdern anzustoßen. Es soll den Beteiligten ermöglichen, proaktiv nach Marktlösungen zu suchen und so den Umstieg von Kupfer auf Glasfaser in Deutschland zu beschleunigen.
Die erfolgreiche Gestaltung dieses Übergangs ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der digitalen Infrastruktur in Deutschland und erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Marktakteure sowie einen klaren und fairen regulatorischen Rahmen. Das nun vorliegende Impulspapier ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.