Die Anforderungen an moderne IT-Infrastrukturen wachsen rasant. Ob KI-Workloads, riesige Datenbanken oder Virtualisierung – die Geschwindigkeit des Datendurchsatzes ist oft der Flaschenhals. Microsoft hat dieses Problem erkannt und mit Windows Server 2025 eine fundamentale Änderung eingeführt: den Wechsel auf Native NVMe.
Bisher basierte die NVMe-Anbindung in Windows auf dem veralteten SCSI-Modell (Small Computer System Interface), was moderne SSDs künstlich ausbremste. In diesem Artikel erfahren Sie, wie der neue, von Grund auf neu geschriebene Storage-Stack die NVMe-Leistung entfesselt, welche Vorteile das für Unternehmen bietet und wie Sie die „geheimen“ Optimierungen in Windows 11 (Version 25H2) freischalten.
1. Warum Native NVMe? Der Abschied vom SCSI-Erbe
Jahrzehntelang war SCSI der Goldstandard für die Kommunikation zwischen Betriebssystem und Massenspeicher. Doch SCSI wurde für rotierende Festplatten (HDDs) entwickelt. NVMe (Non-Volatile Memory Express) hingegen wurde speziell für Flash-Speicher konzipiert.
Das Problem der SCSI-Translation
Bisher musste Windows jeden NVMe-Befehl intern in einen SCSI-Befehl übersetzen (SCSI Translation Layer). Dieser Prozess erzeugte CPU-Overhead und Latenzen. Mit der Einführung von Native NVMe in Windows Server 2025 entfällt dieser Umweg komplett. Die Kommunikation erfolgt nun direkt und ohne Protokoll-Ballast.
2. Die technischen Highlights: Bis zu 70 % mehr Performance
Die Messwerte, die Microsoft in der Tech-Community veröffentlicht hat, sind beeindruckend. Durch die native Integration erzielt Windows Server 2025 signifikante Steigerungen in fast allen relevanten Metriken:
- Höhere IOPS: Tests zeigen eine Steigerung der Ein-/Ausgabevorgänge pro Sekunde (IOPS) um bis zu 70 %.
- Geringere Latenz: Da der Übersetzungsschritt entfällt, sinkt die Antwortzeit der SSDs spürbar.
- Effiziente CPU-Nutzung: Der neue Stack benötigt weniger Prozessorzyklen pro I/O-Operation, wodurch mehr Rechenleistung für die eigentlichen Anwendungen (z. B. SQL Server) übrig bleibt.
- Optimiertes Locking: Der neue Treiber reduziert interne Sperren (Locks), was die Skalierbarkeit auf Systemen mit vielen Kernen massiv verbessert.
3. Schritt-für-Schritt: So aktivieren Sie Native NVMe
Um in den Genuss der vollen Performance zu kommen, muss der neue Stack teilweise manuell adressiert oder verifiziert werden, insbesondere in der aktuellen Übergangsphase.
In Windows Server 2025 einrichten
In Windows Server 2025 ist der Native NVMe-Stack als neuer Standard implementiert. Um das volle Potenzial auszuschöpfen und die Konfiguration zu validieren, folgen Sie diesen Schritten:
- Voraussetzung: Windows-Standardtreiber: Stellen Sie sicher, dass Sie über NVMe-fähige Geräte verfügen, die den Windows-eigenen NVMe-Treiber (StorNVMe.sys) verwenden. Beachten Sie, dass einige Anbieter (z. B. Samsung oder Intel) eigene Treiber bereitstellen. Wenn Sie nicht den mitgelieferten Windows-Treiber nutzen, werden Sie keine Performance-Unterschiede durch den neuen Stack feststellen.
- Aktivierung via Registry/PowerShell: Sofern das Oktober-Update für Windows Server 2025 installiert ist, kann der benötigte Feature-Key direkt über die PowerShell (mit Administratorrechten) hinzugefügt werden:
reg add HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Policies\Microsoft\FeatureManagement\Overrides /v 1176759950 /t REG_DWORD /d 1 /f - Verwendung des MSI-Installers: Alternativ stellt Microsoft einen MSI-Installer für Gruppenrichtlinien bereit. Diese MSI ist universell für Windows 11 (24H2, 25H2) sowie für Server 2025 einsetzbar und automatisiert die Aktivierung in Unternehmensumgebungen.
- Validierung im Geräte-Manager: Sobald Native NVMe aktiviert ist, öffnen Sie den Geräte-Manager (
devmgmt.msc). Stellen Sie sicher, dass alle angeschlossenen NVMe-Geräte im Abschnitt „Laufwerke“ korrekt angezeigt werden und der Controller unter „Speicherkontroller“ auf den neuen Treiber-Build verweist. - Einrichtung von NVMe over Fabrics (NVMe-oF): Falls Sie Remote-Storage nutzen, aktivieren Sie die Unterstützung im Server-Manager unter „Rollen und Features hinzufügen“ -> „Datei- und Speicherdienste“ -> „Dateidienste“ -> „NVMe-over-Fabrics-Unterstützung“.
In Windows 11 25H2 (Experten-Anleitung)
In Windows 11 ist der native Stack für Client-Systeme (GeClient) vorhanden. Um den Performance-Modus in Windows 11 25H2 freizuschalten, sind drei spezifische Registry-Einträge notwendig.
Achtung: Eingriffe in die Registry erfolgen auf eigene Gefahr. Erstellen Sie vorab einen Wiederherstellungspunkt.
- 735209102 (NativeNVMeStackForGeClient): Aktiviert den nativen Stack für Client-Editionen.
- 1853569164 (UxAccOptimization): Beschleunigt den Datendurchsatz.
- 156965516 (Standalone_Future): Aktiviert zukunftsorientierte Optimierungen.
Registry-Befehl:
Windows Registry Editor Version 5.00
[HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Policies\Microsoft\FeatureManagement\Overrides]
"735209102"=dword:00000001
"1853569164"=dword:00000001
"156965516"=dword:00000001
4. NVMe over Fabrics (NVMe-oF): Storage im Netzwerk
Ein weiteres zentrales Feature für Rechenzentren ist die verbesserte Unterstützung von NVMe over Fabrics. Dies erlaubt es, NVMe-Speicher über das Netzwerk so anzusprechen, als wäre er lokal im Server verbaut. Dies ist ein entscheidender Vorteil für hyperkonvergente Infrastrukturen (HCI).
5. Vergleich: Alter Stack vs. Neuer Native Stack
| Feature | Alter Windows Stack (Legacy) | Neuer Native NVMe Stack (2025/25H2) |
|---|---|---|
| Protokoll | SCSI-Emulation | Rein natives NVMe |
| CPU-Last | Hoch (durch Translation) | Niedrig (direkt) |
| IOPS | Standard | Bis zu 70 % Steigerung |
| Latenz | Spürbarer Overhead | Minimale Hardware-Latenz |
6. Best Practices für die Implementierung
- Treiber-Check: Deinstallieren Sie herstellerspezifische NVMe-Treiber, um
StorNVMe.syszu nutzen. - UEFI-Modus: Ein Betrieb im Legacy-Modus verhindert die Nutzung moderner Storage-Features.
- Benchmarks: Testen Sie vor und nach der Aktivierung mit CrystalDiskMark, um die IOPS-Steigerung zu validieren.
Fazit: Ein Pflicht-Upgrade für Storage-Enthusiasten
Microsoft macht mit dem Native NVMe Stack in Windows Server 2025 und den Anpassungen in Windows 11 25H2 einen gewaltigen Schritt nach vorn. Es ist die Beseitigung eines jahrzehntealten Erbes, das moderne Hardware künstlich limitiert hat.
Glossar
- StorNVMe.sys: Der standardmäßige NVMe-Treiber von Microsoft.
- Feature Management Overrides: Registrierungsschlüssel, die neue Windows-Funktionen steuern.
- NVMe-oF: NVMe-Befehle über Netzwerkprotokolle wie TCP oder RDMA.
- Externer Link: Microsoft Tech Community – Announcing Native NVMe
