Schulden: Wer ist verantwortlich für die deutsche Staatsverschuldung?

Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse

— Bundeskanzler Friederich Merz, CDU-Landesparteitag am 30.08.2025

Die deutsche Staatsverschuldung im historischen Kontext

Die Staatsverschuldung in Deutschland ist kein Phänomen der Neuzeit. Sie hat sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt, getrieben von wirtschaftlichen Krisen, politischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Veränderungen. Um zu verstehen, wer die Schulden verursacht hat, müssen wir die Historie betrachten.

1950er & 1960er Jahre: Wiederaufbau und geringe Schuldenlast In den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik war die Schuldenlast vergleichsweise gering. Die Währungsreform von 1948 hatte einen Großteil der Vorkriegsschulden getilgt, was Deutschland einen finanziellen Neustart ermöglichte. Die CDU/CSU-geführten Regierungen konzentrierten sich auf den Wiederaufbau der Wirtschaft, wobei der Schuldenanstieg moderat blieb. Einzig die Rezession in den späten 60ern führte zu einer ersten, bewussten Kreditaufnahme zur Stützung der Konjunktur.

1970er & 1980er Jahre: Der Ausbau des Sozialstaats Unter den SPD-geführten Regierungen begannen die Schulden in Deutschland stärker zu wachsen. Gründe dafür waren:

  • Ausbau der Sozialsysteme: Neue Sozialleistungen wie Rentenreformen und erweiterte Krankenversicherungsleistungen führten zu höheren Ausgaben.
  • Ölpreiskrisen: Die Ölpreisschocks der 70er Jahre dämpften die Wirtschaft und führten zu Arbeitslosigkeit, was Steuereinnahmen senkte und Sozialausgaben erhöhte.
  • Nachfrageorientierte Finanzpolitik: Die Regierung setzte auf eine keynesianische Politik, um die Konjunktur anzukurbeln, was die Kreditaufnahme weiter vorantrieb.

Die Rolle der Wiedervereinigung für die Staatsschulden

Die deutsche Einheit gilt als der größte Treiber für den Anstieg der Staatsschulden seit 1990. Die Regierungen unter der CDU/CSU mussten massive Finanztransfers leisten, um die neuen Bundesländer zu integrieren.

  • Übernahme der Altschulden der DDR: Die Schulden von DDR-Staatsbetrieben und der Treuhandanstalt wurden in den Bundeshaushalt überführt.
  • Finanzierung des Aufbaus: Der Aufbau von Infrastruktur, die Sanierung von Betrieben und die Anpassung der Sozialsysteme in Ostdeutschland erforderten immense Investitionen.
  • Arbeitsmarktpolitik: Hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern führte zu erheblichen Ausgaben für Arbeitslosengeld und Umschulungsmaßnahmen.

Krise folgt Krise: Globalisierung und ihre Auswirkungen

Die Jahrtausendwende und die folgenden Jahrzehnte waren von mehreren globalen Krisen geprägt, die ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Staatsfinanzen hatten.

Die Agenda 2010 und die Finanzkrise (SPD/Grüne & Große Koalition) Trotz Konsolidierungsbemühungen und der Einführung der Agenda 2010, die Sozialausgaben reduzieren sollte, stieg der Schuldenstand weiter an. Der Höhepunkt der Verschuldung in dieser Phase war die Finanzkrise 2008. Die Regierung reagierte mit milliardenschweren Rettungspaketen für Banken und Konjunkturprogrammen. Diese Maßnahmen waren notwendig, um das Finanzsystem vor dem Kollaps zu bewahren und eine Weltwirtschaftskrise zu mildern.

Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg Die jüngsten und größten Schuldenzuwächse sind auf die Pandemie und die Energiekrise zurückzuführen.

  • COVID-19-Pandemie: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, wie Kurzarbeit, Hilfspakete für Unternehmen und der Ausbau des Gesundheitssystems, führten zu einem beispiellosen Anstieg der Verschuldung. Die Schuldenbremse wurde ausgesetzt, um schnell und unbürokratisch handeln zu können.
  • Energiekrise und Krieg: Als Reaktion auf den Angriffskrieg in der Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise wurden weitere Entlastungspakete für Bürger und Unternehmen geschnürt. Hinzu kamen die erhöhten Verteidigungsausgaben, die über ein Sondervermögen finanziert wurden, das ebenfalls die Staatsverschuldung erhöhte.

Wer hat die Schulden in welcher Höhe verursacht?

Es ist eine vereinfachte Sichtweise, nur eine Regierung für die Staatsverschuldung verantwortlich zu machen. Die Höhe der Schulden hängt stark von den jeweiligen externen Umständen ab.

Quelle: Statista
ZeitraumRegierungHauptgründe für Schuldenzuwachs
1950-1969CDU/CSU-FDPGering, leichte Zunahme durch antizyklische Politik (Rezession ’66/67)
1969-1982SPD-FDPAusbau des Sozialstaats, Ölpreiskrisen
1982-1998CDU/CSU-FDPDeutsche Wiedervereinigung, Übernahme von Altschulden
1998-2005SPD/GrüneSchwache Konjunktur, Arbeitslosigkeit
2005-2013CDU/CSU-SPD & CDU/CSU-FDPGlobale Finanz- und Wirtschaftskrise
2013-2021CDU/CSU-SPDBewältigung der COVID-19-Pandemie
2021-2025SPD/Grüne/FDP & CDU/CSU-SPDPandemie-Nachwirkungen, Energiekrise, Verteidigungsausgaben

Regierungsjahre nach Partei

  • CDU/CSU:
    • 1950–1969: 19 Jahre
    • 1982–1998: 16 Jahre
    • 2005–2013: 8 Jahre
    • 2013–2021: 8 Jahre
    • Gesamt: 51 Jahre
  • SPD:
    • 1969–1982: 13 Jahre
    • 1998–2005: 7 Jahre
    • Gesamt: 20 Jahre
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