KI-Videoüberwachung in Hessen: Mehr Sicherheit oder gläserner Bürger?

Hessen setzt verstärkt auf Künstliche Intelligenz (KI) im Bereich der Videoüberwachung und plant eine flächendeckende Einführung in den kommenden Jahren. Innenminister Roman Poseck (CDU) treibt dieses Vorhaben voran, stößt damit aber auf Kritik von Datenschützern und Bürgerrechtlern. Doch ist KI-gestützte Videoüberwachung wirklich der Schlüssel zu mehr Sicherheit, oder öffnet sie die Tür zu einer umfassenden Überwachung der Bevölkerung?

Der Plan: KI soll Straftaten erkennen und verhindern

Der hessische Innenminister plant, im Frankfurter Bahnhofsviertel ein Pilotprojekt zu starten, das KI-gestützte Videoüberwachung einsetzt. Ziel ist es, Bewegungsmuster zu analysieren, die auf Straftaten hindeuten könnten, wie beispielsweise Faustschläge oder Taschendiebstähle. Mittelfristig soll diese Technologie dann flächendeckend in Hessen und idealerweise bundesweit eingesetzt werden. Auch die biometrische Gesichtserkennung durch KI ist vorgesehen, um „erhebliche Gefahren“ abzuwehren.

Poseck argumentiert mit dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung: „Wir werden in den nächsten Wochen mit dem Pilotprojekt einer Videoschutzanlage mit künstlicher Intelligenz im Frankfurter Bahnhofsviertel starten“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es gehe um die Erwartung der Menschen, an die Politik, für ein Höchstmaß an Sicherheit zu sorgen und Straftaten zu verhindern.“

Kritische Stimmen: Überwachung statt Prävention?

Während die Befürworter auf eine höhere Sicherheit hoffen, warnen Kritiker vor den Risiken für die Privatsphäre und die bürgerlichen Freiheiten. Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass KI-gestützte Videoüberwachung nicht nachweislich Straftaten verhindert. Studien zeigen, dass Videoüberwachung allenfalls die Aufklärungsquote verbessern kann, aber keinen direkten Einfluss auf die Kriminalitätsrate hat. Statt auf Prävention zu setzen, wird also auf die Repression von bereits begangenen Taten fokussiert.

Darüber hinaus wirft die Erfassung von Bewegungsmustern der gesamten Bevölkerung datenschutzrechtliche Fragen auf. Wer garantiert, dass die gewonnenen Daten nicht für andere Zwecke missbraucht werden? Wie lange werden die Daten gespeichert? Und wer hat Zugriff auf sie?

Palantir und die datenschutzrechtlichen Bedenken

Bereits seit 2018 setzt Hessen das Palantir-Produkt „Gotham“ unter dem Namen „Hessendata“ ein. Dieses System ermöglicht die Verknüpfung verschiedener Datenquellen, darunter auch polizeiliche Daten und Informationen aus sozialen Netzwerken. Kritiker bemängeln, dass „Hessendata“ die Möglichkeiten der Überwachung massiv erweitert und die Gefahr von Profiling und Diskriminierung birgt.

Die europäische KI-Verordnung verbietet zwar den Aufbau biometrischer Datenbanken auf Basis öffentlich zugänglicher Fotos, die Verwendung von Videoaufzeichnungen für die biometrische Identifizierung ist jedoch erlaubt. Dies ermöglicht es, Videoaufnahmen mit der biometrischen Zentraldatenbank der Melderegister abzugleichen und Personen zu identifizieren.

Fazit: Sicherheit vs. Freiheit – Wo liegt die Grenze?

Die Einführung von KI-gestützter Videoüberwachung in Hessen ist ein komplexes Thema mit vielen Facetten. Es ist wichtig, die potenziellen Vorteile für die Sicherheit mit den Risiken für die Privatsphäre und die bürgerlichen Freiheiten abzuwägen.

Anstatt ausschließlich auf Überwachung zu setzen, sollte die Politik auch in präventive Maßnahmen investieren, die die Ursachen von Kriminalität bekämpfen. Eine offene Debatte über die Grenzen der Überwachung und die Notwendigkeit von Datenschutz ist unerlässlich, um eine ausgewogene und verantwortungsvolle Lösung zu finden.

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